Verstößt das neue Bremer Polizeigesetz gegen die Landesverfassung?



Das Polizeigesetz von 2020 gibt den Ermittlern eine Vielzahl neuer Möglichkeiten an die Hand. Doch dadurch werden schwerwiegende Grundrechte verletzt, sagt eine Bremer Juristin.

Nachrichten mitlesen, Telefonate abhören und sogar die Wohnung belauschen: Das neue Polizeigesetz von 2020 hat den Bremer Ermittlern eine Vielzahl neuer Möglichkeiten an die Hand gegeben. So sollen schwerste Straftaten verhindert werden. Allerdings verstößt das Gesetz damit gegen die Bremer Landesverfassung, ist die Bremer Juristin und Innendeputierte Dr. Nele Austermann (die Linke) überzeugt. In ihrem Aufsatz “Befugnisse zur heimlichen Überwachung im bremischen Polizeigesetz sind landesverfassungswidrig” stellt sie fest, der Gesetzgeber habe:

[…] Neuregelungen zur klassischen Telekommunikationsüberwachung eingeführt und die Befugnis zur heimlichen Wohnraumüberwachung neu systematisiert. Diese Neuregelungen verstoßen gegen die bremische Landesverfassung […]

Nele Austermann, Bremer Juristin

Konkret geht es um die Artikel 14, Absatz 2 und Artikel 15, Absatz 4 der Landesverfassung, in denen die Unverletzlichkeit der Wohnung und des Postgeheimnisses festgeschrieben sind. Beide würden durch die neuen Möglichkeiten des Polizeigesetzes verletzt. Entsprechende Ermittlungsergebnisse wären damit verfassungswidrig erlangt, was zu einer großen Rechtsunsicherheit führen würde.

Polizeigesetz hätte längst evaluiert werden müssen

Das Innenressort erklärt an diesem Donnerstag schriftlich dazu, dass man den Austermann-Aufsatz zwar kenne, aber die Rechtsauffassung vertrete, dass in den betreffenden Punkten das Grundgesetz greife und nicht aber die Bremer Landesverfassung. Klären wird sich diese Angelegenheit womöglich erst dann, wenn erste Fälle von Betroffenen vor dem Staatsgerichtshof landen.

Jenseits der Frage, ob es verfassungswidrig ist, oder nicht, hätte das Polizeigesetz längst evaluiert werden müssen. In Paragraph 150 steht, dass ein entsprechender Bericht bereits am 31. August 2023 hätte vorgelegt werden müssen. Dazu erklärt das Innenressort lediglich, dass die Evaluation beauftragt sei und die Gutachter “ihre Ergebnisse zeitnah vorlegen” werden. Warum das erst mit monatelanger Verspätung geschieht, bleibt heute unbeantwortet.