Über Aktivisten Filme bei Netflix (Kritik)



Es gibt eine Reihe Filme oder Miniserien bei Netflix, die sich mit linkem Aktivismus auseinandersetzen. Ich würde in diese Bestandsaufnahme “Athena”, “Wir sind die Welle” und “Und morgen die ganze Welt” zählen.

Erstmal zeigen diese Filme Menschen, die Gewalt und Widerstand gegen Polizisten, Neonazis oder andere gesellschaftliche Missstände ausüben.

Die Menschen werden dort gut und vielschichtig dargestellt. Die Motivation ist oft persönlich (ein Mord an seinem Bruder - in Athena, ein Mord an seiner Mutter - in Wir sind die Welle). 

Keiner dieser Aktivisten hat eine politische Agenda. Keiner der Menschen aus dem Ghetto träumen von Anarchie oder hinterfragt den Kapitalismus.

Die Menschen in ‘Und morgen die ganze Welt’ handeln gegen die Gewalt und Gefahr des Rassismus, aber es wird nicht theoretisch und politische etwas Systemimmanetes abgelehnt oder hinterfragt, sondern nur mit direkten Aktionen dagegen vorgegangen.

Es gibt in allen Filmen eine Eskalationsstufenspirale, die sich zu immer heftigeren Aktionen hin entwickelt. Am Ende aller Filme stehen Menschenleben auf dem Spiel und die Aktivisten sind fast zu Mördern durch Schusswaffen oder Bomben geworden.

Die Eskalationsstufen sind ungefähr Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Brandstiftung, Entführung und am Ende Schusswaffeneinsatz wird erwogen.

Fast immer wird eine starke Gruppendynamik beschrieben mit charismatischen Führungspersonen. Diese Führungspersonen sind oft die persönlich am meisten Betroffenen von Gewalttaten gegen die Familie, dies wird wohl auch vom Durschnittsbürger verurteilt. 

Diese Betroffenen haben ein Anführercharakter und wollen Rache bzw. Aufklärung.

Zu kritisieren sind unlogischen Elementen des Filmes, wie z.B. eine ZAD (aus dem französischen; zu Verteitigende Autonome Zone) wird nur von wenigen (unter 100) Bullen versucht zu räumen, ein Security wird bestochen mit Diebesgut usw.

Aber es gibt auch immer einen Haken und eine Gewaltspirale so das der Zuschauer aus der Mittelschicht am Ende vielleicht sich wieder bestätigt fühlt, Gewalt bringt nichts und Politik sowieso nicht.

Der Haken bei ‘Wir sind die Welle’ ist, dass ‘die Welle’ eigentlich ein Roman und eine Verfilmung ist, die erklären wie Faschismus entsteht und zur Gefahr wird.

Nun wird aber mit dem sehr ähnlichen Titel eine Miniserie bezeichnet, die zeigt wie Linksradikalismus entstehen kann und zur Gefahr wird, die Schwelle zum Terrorismus.

Der Faschismus wird dort als stumpfe Männercliquen Gewalt abgetan. Damit werden weder die neuen Rechtspopulisten Bürger (dort NFD) und ihre Entstehung, noch die Strukturen des Faschismus von Gehorsam, Ordnung, Angst, Einheit etc., noch die von Rassismus in jedem einzelnen irgendwie erklärt oder beschrieben. 

Tenor: Neonazis, AFD und so sind nur die dummen Jungen/Männer und der Rest der Gesellschaft hat sich nicht mit Rassismus und Diskriminierung auseinandersetzen.

Der Haken an Athena ist, dass dort die Ursache des Aufstandes eigentlich keine Polizisten sind, die in ihrem Job getötet haben, sondern Neonazis die sich als Polizisten ausgegeben haben um einen Bürgerkrieg anzuzetteln.

Das ist widerlich, weil Polizisten in verschiedenen Ländern immer wieder rassistisch Morden. Das ist ganz besonders ekelhaft, weil Athena eigentlich auf die Aufstände in den Banlieus (wörtlich Bannmeile, etwa Ghetto) in Frankreich anspielen, wo echte Polizisten einen Schwarzen Jugendlichen Anal mit einem Schlagstock vergewaltigt haben im Jahr 2017 und 2005 zwei Kinder durch eine Verfolgungsjagd in den Tod getrieben haben. Die Ursache (Rassistische Polizei die zu einem Aufstand führt) also in die Rechte Ecke zu schieben, passt in das Konzept der Hufeisentheorie, und wird nicht den Opfern von Polizeigewalt aus rassistischen Motiven oder überhaupt einer Kritik an der Polizei gerecht. 

Der Haken an ‘Und morgen die ganze Welt’ ist, das antifaschistische Bewegungen als Problem gesehen werden, dass zum Terrorismus führt (Am Ende Schusswaffen) und die Gewalt verschärft.

Auch hier wieder Hufeisentheorie. Die Mittelschicht möchte damit wohl aussagen, bleibt zuhause alle Antifas und Betroffene von Rassismus, die Polizei regelt das.

Die Antifa hat, da wo sie stark war, immer den gewaltbereiten Nazis die Sichtbarkeit und die Straße genommen. Die Antifa ist in erster Linie ein Instrument gegen die gewaltbereiten Neonazis der Straße und nicht Effektiv gegen die Nazis in den Parlamenten und Talkshows. Die ‘Mitte’ hat in unserer Zeit kein Mittel gefunden, das erstarken der Rechtspopulisten zu verhindern oder zu bekämpfen, sondern gibt ihnen Aufmerksamkeit und verschiebt den Diskurs immer mehr nach Rechts.

Diese ‘Mitte’ zeigt uns nun, durch Trump, Bolsanero, Johnson und Filme wie bei Netzflix, dass Antifaschismus falsch sein soll und nur zur Terror und Gewalt führt.

Tatsächlich hat der breite Antifaschismus seit den “Baseballjahren” in den 90ern zu einer Verdrängung von Hegemonialmacht der Nazis in der Öffentlichkeit geführt.

Antifaschismus war immer mehr als Gewalt. Antifaschismus ist immer politisch, weil er die Allgemeinheit betrifft und wahr, eine Lehre der Geschichte, weil er die Konsequenz aus der Autorität und dem Faschismus zieht und handelt. Soziale Bewegungen als Kriminelle zu illegalisieren, war und wird immer Instrument der Herrschenden sein.

Antifa ist auch Aufklärung, den Mut sich gewaltbereiten Nazis in den Weg zu stellen, Öffentlichkeitsarbeit und eine Politik des Aktionismus, die den Aktivisten viel abverlangt. Um 5 Uhr aufstehen, den ganzen Tag unterwegs sein, von Polizeirepression betroffen zu sein, dass lässt sich nicht nur von Zuhause aus tun.

Heute scheint es so, als ob wir diesen Antifaschismus der Straße immer schwerer durchführen können, weil wir weniger werden. Um 100 Nazis zu blockieren braucht es mehrere Tausend Menschen. 

Und von den über 100.000 Menschen die seit den 90’ern sich Nazis in den Weggestellt haben (Auch Bürger sind Antifa wenn sie so handeln), ist meines Wissens keiner zu einem Terrorist geworden und hat Bomben gebastelt oder Schusswaffen auf Neonazis gefeuert. 

Fazit: Lasst euch nicht für dumm verkaufen, Antifaschismus und Direkte Aktionen bleiben notwendig. Plenum, Militanzdebatten in kleineren Zusammenhängen, Küfas und Supportarbeit und Theorie sollten diese aber ergänzen. 

Ich würde trotzdem empfehlen ‘Athena’ zu sehen, es zeigt den Militanten Kampf wie er in Honkgong oder Griechenland an der Uni ähnlich geführt wurde.

Auch ‘Wir sind die Welle’ würde ich empfehlen, es zeigt einige gute Aktionen und was möglich ist in Kleingruppen. ‘Und morgen die ganze Welt’ kann mit kritischem Blick auch gesehen werden.

Ich verurteile Mord, auch am politischem Gegner. Das tut die Mehrheit der Gesellschaft und der Antifa. Die Auseinandersetzung mit der RAF, den Roten Brigaden und anderen K-Gruppen ist notwendig. Für die Freiheit, Liebe und Grenzenlosigkeit.

 

Quellen:

- Athena (2022) https://www.imdb.com/title/tt15445056/

- Wir sind die Welle (2019) https://www.imdb.com/title/tt11053220/

- Und morgen die ganze Welt (2020) https://www.imdb.com/title/tt7716120/

- Die Welle (Roman) https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_(Roman)

Banlieue 2005 - https://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_Frankreich_2005 

Banlieue 2017 - https://www.epochtimes.de/politik/ausland/22-jaehrigen-schwarzen-schlagstock-in-den-po-gerammt-franzoesischer-polizist-mit-vergewaltigungsvorwuerfen-konfrontiert-a2044984.html